Ich glaube, im Jahr 2020 haben wir alle viel mehr über Hygiene gelernt, als uns eigentlich lieb ist. Umso mehr bin ich immer wieder über manche Arbeitsweisen einiger meiner Make-up Artist KollegInnen schockiert. Heute besprechen wir ein paar eindeutige Anzeichen dafür, dass ihr vielleicht eure Visagistin wechseln solltet.
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Wieso ist es so wichtig, dass eine Visagistin hygienisch arbeitet?
Vergessen wir einmal kurz die Pandemie, denn warum es zu COVID-19 Zeiten wichtig ist, dass die Hygieneabläufe passen, sollte allen klar sein. Aber auch in dieser mysteriösen Zeit „davor“ und „danach“ sollte die Hygiene bei einem Make-up Artist oberste Priorität haben. Herpes, Staphylokokken, Bindehautentzündung und Gerstenkörner sind die üblichen Verdächtigen.
Sich schminken zu lassen sollte Spaß machen, entspannen aber vor allem auch sicher sein. Make up Artists arbeiten sehr nahe an Schleimhäuten, wie zum Beispiel die der Augen, der Nase und des Mundes. Diese sind sehr anfällig für verschiedenste Erreger. Wenn ein komplett Fremder dich fragen würde, ob er deinen Lip Gloss verwenden darf, würdest du da ja sagen? Ich glaube, das finden wir alle ein bisschen eklig.
Direkte und Indirekte Übertragung
Es gibt in der Visagistik zwei Hauptarten, wie Keime weitergegeben werden: die direkte und die indirekte Übertragung. Die direkte Form bedeutet von Person zu Person, also in diesem Fall von Make-up Artist zu KundIn oder umgekehrt. Die indirekte Form ist wenn ein kontaminiertes Werkzeug, wie zum Beispiel Pinsel, das Talent oder die KundIn berühren.
8 Dinge auf die man auf jeden Fall achten sollte
1. Sauberes Kit
Das Erste auf das man sofort schauen kann, ist der generelle Zustand des Kits der Visagistin. Kit nennt man alle Produkte, mit denen wir arbeiten. Ist es dreckig? Ist es gut organisiert oder ist alles nur irgendwie zusammen geschmissen? Wie sieht das Setup aus? Steht irgendwo Handdesinfektionsmittel und eine Sprühflasche mit Alkohol?
Ich finde, anhand von einem Make-up Artist Kit kann man schon gleich sehen, wie wichtig ihr oder ihm Sauberkeit und Hygiene ist. Klar, es gibt manche Produkte die bekommt man einfach sehr schwer sauber, also ein paar Spuren sind völlig normal aber generell gesprochen sollte alles reinlich und organisiert sein. Für mich persönlich ist das auch eine Frage des Stolzes, ich habe schließlich viel in meine Produkte investiert.
2. Wimperntusche
Ich sehe diesen Fehler so häufig und es ist einfach nur eklig. VisagistInnen die das mitgelieferte Bürstchen der Wimperntusche an allen KundInnen verwenden. Das heißt, die Bürste berührt ständig verschiedene Augenschleimhäute und wird dann wieder in die Mascara Creme getunkt, so entsteht der perfekte Nährboden für Krankheitserreger.
Als ob das nicht Grund genug wäre, zwei Worte: Wimpern Milben. Ja, wir haben sie alle. Kleine Tierchen, die in unseren Wimpern leben und sich von Talg ernähren. Es kann allerdings zu Problemen kommen, wenn man zu viele davon hat. Das Resultat sind Entzündungen und Juckreiz. Diese sind auch der Grund, warum man seine eigene, persönliche Wimperntusche alle 2-3 Monate austauschen sollte. Jetzt stellt euch mal die Milben Party in einem Mascara Fläschchen einer Visagistin vor, die 2-3 Leute am Tag schminkt.
Wimperntusche entnimmt man ausschließlich mit Einweg-Wimpernbürtschen. Am günstigen bekommt man die von Amazon und ähnlichen Anbietern. Wer umweltfreundlicher unterwegs sein möchte, für den gibt es auch Bambusversionen, die natürlich etwas teurer sind. Wichtig ist, dass die Bürsten einmal in die Mascara eingetaucht werden und dann nie wieder! Ich verwende pro Kundin normalerweise 3-4 Wands.
3. Pinsel
Bei den Pinseln kann man natürlich auch schon wie beim Kit vorher auf den ersten Blick sehen, ob sie dreckig oder sauber sind. Achtung, vor allem Naturhaare sind anfällig auf permanente Verfärbungen, das heißt sie können desinfiziert sein, aber trotzdem noch etwas Farbe aufweisen. Sind die Pinsel aber voller Puder oder ähnlichem, sind sie natürlich weder sauber noch keimfrei.
Wenn der Make up Artist an diesem Tag mehrere KundInnen oder Talente schminkt, müssen die Pinsel auf jeden Fall dazwischen desinfiziert werden! Alternativ kann man natürlich mehrere sterilisierte Sets vorbereiten, die dann ausschließlich an einer Person verwendet werden.
4. Creme Produkte
Alle Make-up Produkte müssen hygienisch entnommen werden, aber bei Creme Produkten ist das ganz besonders wichtig, da man sie nachher nicht mit Alkohol desinfizieren kann. Daher sollte die Visagistin alle Creme Produkte mit einem keimfreien Spatel entnehmen und von einer Palette arbeiten. Bitte sofort gehen, wenn ihr einen Lippenstift oder einen Lip Gloss Applikator in das Gesicht bekommt!
Viele Make up Artists arbeiten gerne mit ihrem Handrücken, ich gehörte auch dazu, denn die Wärme der Haut hilft beim verarbeiten des Produkts. Allerdings ist es wirklich schwer, so zu 100% hygienisch zu arbeiten. Paletten, vor allem aus Edelstahl oder Einmal Wachspapier, sind da deutlich zu bevorzugen.
5. Nägel
Liebe Make-up Artists, wenn ihr das lest, ich verstehe euch ja. Wir sind in der Beauty Branche und wir wollen auch schöne Nägel haben. Aber, es ist schon lange bekannt, dass unter langen Nägeln mehr Erreger zu finden sind als unter kurzen, egal wie gut die Handhygiene ist. In dieser Studie wurden außerdem mehr Erreger unter künstlichen Nägeln gefunden als unter natürlichen. Nagellack ist generell ok, er sollte aber sofort entfernt oder erneuert werden, wenn er nicht mehr intakt ist.
Ich persönlich vertraue niemandem in einem Schönheitsberuf mit langen Nägeln, unter anderem auch, weil es mir einfach vermittelt, dass diese Person sich nicht wirklich mit Hygiene beschäftigt hat.
6. Eyeliner
Es gibt schon seit einigen Jahren Eyeliner, die eher Filzstiften ähneln, wie zum Beispiel den Epic Ink Liner von NYX Cosmetics. Ich bin ein großer Fan. Sie sind super leicht zu verwenden und haben normalerweise eine tolle Deckkraft. Für den professionellen Gebrauch kann man sie aber komplett vergessen, denn es gibt keinen Weg, wie man diese Eyeliner ordentlich desinfizieren kann, nachdem sie Kontakt mit dem Auge hatten.
Der Make up Artist kann entweder mit einer Palette und einem Pinsel arbeiten, oder er verwendet einen Filzstift Eyeliner und schenkt ihn dann im Anschluss dem Talent.
7. Blasen
Ich habe mir vor einigen Monaten die Masterclass von Bobbi Brown gegönnt und war sehr enttäuscht. Nicht nur vom Content, sondern auch vom Hygieneablauf. Wenn ihr mal ein Trinkspiel sucht, bei dem ihr wirklich besoffen werden wollt, schaut euch die Masterclass an und trinkt jedes Mal, wenn Bobbi Brown auf ihren Pinsel bläst.
Um mein Problem damit kurz etwas deutlicher darzustellen: ich blase auf den Pinsel, dabei gehen auf jeden Fall Tröpfchen mit, die unter Umständen den Pinsel kontaminieren und mit diesem kontaminierten Pinsel fahre ich jetzt dem Model ins Gesicht und eventuell an die Schleimhäute. Also wenn man jemanden wirklich nicht mag, dann ist das ein ziemlich sicherer Weg, jemanden krank zu machen.
8. Maske
Ich bin mir ehrlich gesagt nicht mehr sicher, warum wir früher nicht schon immer mit einer Maske gearbeitet haben. Wenn ich näher darüber nachdenke, wird mir ganz schlecht. Die Visagistin sollte den gesamten Termin über eine Maske tragen. Am besten eine FFP2 oder eine FFP3 Maske, da die KundIn im Normalfall keine Maske tragen kann.
Wenn die Maske am Kinn hängt, oder unter der Nase oder sie bei jeder Gelegenheit ausgezogen wird, weiß ich sofort dass dieser Make up Artist Hygiene nicht so wichtig sein kann.
Hygiene in einer Pandemie
Ich habe euch hier wirklich nur die absoluten Basis-Hygienevoraussetzungen geschildert, auf die ihr als informierte Klienten achten könnt. Um eine Übertragung von COVID-19 zu verhindern ist weitaus mehr nötig. Schaut doch auch an, wie ich für Sicherheit am Set sorge.
Mini-Rant
Ihr fragt euch vielleicht, wieso ich überhaupt so einen Blogpost schreibe. Ich arbeite immer wieder mit anderen Make up Artists zusammen, bei denen ich mich echt frage, ob sie auch nur ein annäherndes Grundverständnis von Hygiene am Arbeitsplatz haben. Das ist eine Sache, die Andere ist, dass anscheinend niemand diese Schlamperei bemerkt; weder Fotografen noch Kunden, Talente und Models.
Ich gebe viel Geld aus und brauche viel Zeit, um alles richtig zu machen. Aber wozu? Es merkt eh niemand einen Unterschied. Und obwohl mein Hygienestandard die Norm sein sollte, wird es als „Bonus“ angesehen, den man halt hat oder nicht, either way, ist eh egal, was soll schon passieren?
Die Pandemie sollte uns allen klar gemacht haben, was passieren kann. Bitte scheut euch nicht, auf unhygienisches Arbeiten hinzuweisen, ihr bezahlt für eine Leistung und es steht euch zu, dass die sicher ausgeführt wird.
Klar, geht es mir da auch ein bisschen um meine eigene Wertschätzung, denn Kunden verstehen nicht, warum ich höhere Preise verlangen muss, oder etwas länger brauche als meine KollegInnen, aber ultimativ geht es darum, dass alle am Set sicher sind.
So. Rant over.
Ich hoffe, ihr geht jetzt ein wenig selbstbewusster zu eurem nächsten Beauty Termin! Ihr seid es wert!
Maike Make up Artist Wien – Eure tierversuchsfreie Visagistin in Wien
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